Das Freigericht (vrigeregt 1292) ist ein innerhalb einer Freigrafschaft (vrigegrascaph 1253) liegendes Gericht. Während die hochmittelalterliche, auf karolingische Ursprünge zurückgehende Grafschaft im 14. Jahrhundert in den meisten Teilen Deutschlands verschwand, existierte sie vor allem in Westfalen als Freigrafschaft neben anderen Formen der Justiz teilweise bis ins 19. Jahrhundert fort.
Zu jeder westfälischen Freigrafschaft gehörten mehrere Gerichtsstätten unter freiem Himmel (häufig unter hohen Bäumen), (Ding-)Stühle genannt. Die Freigrafschaft gehörte einem Stuhlherren, der einen Freigrafen (vrigreve, 1186) einsetzte. Dieser saß dem alle achtzehn Wochen bei Königsbann tagenden Gericht vor. Sämtliche erwachsenen Männer des Freigerichtsbezirks waren dingpflichtig. Zum Freigericht gehörte auch, wie schon zur Zeit Karls des Großen, ein Schöffenkollegium. In den westfälischen Bistümern Köln, Münster, Paderborn und Osnabrück hat man über 400 Freistühle gezählt. Manche von ihnen hatten eine zwar wechselvolle, aber doch ununterbrochene 1.000-jährige Geschichte.
Die Zuständigkeit der Freigerichte ergab sich im Grunde aus der Zuständigkeit des karolingischen Grafen für die Bannfälle. Das Freigericht war jedenfalls zuständig für Streit über Eigentum an Grund und Boden – daher auch für die Beurkundung von Eigentumsübertragungen – und für todeswürdige Verbrechen. Dabei konkurrierte es aber, wie gesagt, mit anderen Gerichten, vor allem mit dem Gogericht.
Im 14. und 15. Jahrhundert entwickelten sich die Freigerichte zu den berüchtigten Femegerichten. Das wird wenigstens teilweise darauf zurückgeführt, dass 1371 Kaiser Karl IV. den Stuhlherren, Freigrafen und Freischöffen die Durchsetzung des Landfriedens ans Herz legte, sodass in der Folge jeder wirkliche oder vermeintliche Friedensbrecher in ganz Deutschland vor ein westfälischen Freigericht geladen und bei Ausbleiben in die Acht erklärt werden konnte. [1]
Die Freigrafschaft Volmarstein (Volmesten) lässt sich erst spät nachweisen. Der älteste bekannte Freigraf ist 1293 Theoderich Ritter von Mogelich, als Zeuge bei einer von seinem Herrn Dietrich von Volmarstein selbst vorgenommenen Übertragung eines Lehngutes bei Schwefe nicht weit von Soest an Kloster Paradies.
Gottfried von Sayn, Herr von Volmarstein verkaufte 1314 seine einzeln aufgeführten Freidüter und Freileute in den Kirchspielen Rade (vorm Wald), Schwelm, Breckerfeld, Dahl, Hagen, und Voerde auf Widerruf und behielt sich nur die Freigrafschaft vor. Diese Pfarreien liegen südlich der Ennepe, und zwei Freigrafen, welche vor 1314 auftraten, müssen Volmnarsteinsche sein. Gut in Kotthausen bei Voerde überträgt 1308 in Gegenwart von Leuten aus Boele nördlich von Hagen Gerhard von Lyndenbecke, liber comes de Lanschede, Lindenbeck liegt bei Volmarstein und Lanschede muß Langscheid bei Breckerfeld sein, welches die Urkunde von 1314 auch unter den Freigütern nennt. 1312 und 1313 handelt es sich um Gut in Altenvoerde vor dem Freigrafen Heinrich. In späterer Zeit war die Freigrafschaft in diesen Gegenden nicht mehr mit Volmarstein vereinigt, wie sich später ergeben wird.
Wie und woher die Herren von Volmarstein die Freigrafschaft erlangten, ist unbekannt, vielleicht war sie kölnisches Lehen.Die kurze Blütezeit des Geschlechts fand ihr Ende, nachdem 1324 die Stammburg durch die Grafen von der Mark zerstört worden war; der Erwerb dr Rinkerodschen Erbschaft verzögerte, verhinderte aber nicht den Rückgang. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts, jedenfalls schon vor 1410, war der ganze alte Besitz nebst der Freigrafschaft in den Händen der Grafen von der Mark; 1429 starb das Geschlecht mit Johann aus.
Der Umfang der Freigerichtsbarkeit nach 1314 ergibt sich namentlich aus den Urkunden des Klosters Gevelsberg im hiesigen Staatsarchiv.Im Osten reichte sie dicht an die Hohenlimburg (Holthausen gehört ihr noch zu) und erstreckte sich dann über Hagen und Haspe die Ennepe entlang bis in die Gegend von Gevelsberg und Asbeck.Jenseits der Ruhr gehörten Wetter und Herdecke ihr zu. In der älteren Zeit kommen nur die Freistühle zu Volmarstein „vor der Burg“ (1347) und zu Herdecke im Dorfe (to Nunhereke, 1337, später Nonnehereke, Nonnenhard, Nonheirsche, auch nur Herdike, Heircke, Herke) in den Urkunden vor. Freigrafen sind: Goswin von Ellinchusen (1325-1335); Hartmann, Hartmodus oder Hartleff (alle drei Formen in Originalurkunden) van Borberge (Vorberghe) 1347-1384; Gobele van Werdinchus (Weirdinchus) 1395-1408.
Unter der märkischen Herrschaft blieb die Freigrafschaft für sich bestehen. Außer den beiden genannten Stühlen, an welchen weiter Gericht gehalten wird, tritt noch hervor der Freistuhl bei Haspe, in der Haspe, Haespe, an der Haseke, und diese drei zählt auch der Revers von 1519 auf. Der vorangehende von 1505 (die früheren nennen die Stühle nicht) verbindet damit auch den Stuhl zu Hoerde, der aber gewiss nicht zur Freigrafschaft selbst gehörte. Heinrich von Voerde heißt auch Freigraf zu Wetter und Volmarstein und einmal nur: zu Wetter, und 1449 schrieb Esslingen an den Junker Kraft Stäck, Freigraf zum Wattern und zum Volm., aber dieser war garnicht Freigraf, sondern märkischer Amtmann und Drost zu Wetterund damit stellvertretender Stuhlherr des Herzogs. Wetter lag in der Freigrafschaft, aber ein Stuhl stand dort wahrscheinlich nicht.
Sigmund bestätigte 1418 auf Bitten des Herzogs Adolf IV. von Kleve Johann Koch , Kock, als Freigrafen, der bis 1422 im Amte war. 1423 reversirte Heinrich oder Heineke von Voerde dem Erzbischof und ließ sich nachträglich 1428 auch vom König bestätigen. Er gehört zu den bedeutendsten Freigrafen und führte außerordentlich viele Prozesse, bis in den Mai 1443. Sein Name begegnet unendlich oft in gedruckten und ungedruckten Stücken, häufig in sehr verwunderlichen Verdrehungen (Vurde, Furde, Fort usw.). Da die große Fülle seiner Geschäfte seine Kräfte übersteigen mochte, ließ Herzog Adolf 1426 noch Hans von Voerde durch den König ernennen, der bis 1433 auftritt. 1438 und 1440 half auch aus Johann Kruse von Hoerde. 1439 reversirte Hermann Hackenberg, der sich 1442 von König Friedrich bestätigen ließ, und erst Ende 1473 wegen Altersschwäche seinem Sohne Georg Platz machte. Seit 1462 stand ihm bereits Heinrich Hackenberg zur Seite, welcher vorher in dem benachbarten Limburg diente und 1469 dorthin zurückgekehrt ist. Georg lebte bis 1492; sein Nachfolger wurde 1493 Johann van dem Vorst [2].
Von der Freigrafschaft Volmarstein kennen wir alle äußeren und inneren Merkmale, die uns gestatten, sie als eine alte, ursprüngliche Grafschaft zu bezeichnen. Bekannt ist uns zunächst die Umgrenzung, die durch die in der Freigrafschaft urkundlich bezeugten Güter bestätigt wird.
Ausgehend von der Krähwinkeler Brücke verläuft die Grenze über Elberfeld und umfaßt die beiden Gogerichte Schwelm und Hagen (heute in etwa den Stadtgebieten von Hagen, Herdecke, Wetter, Sprockhövel, Gevelsberg, Ennepetal und Schwelm entsprechend zuzüglich den heutigen Wuppertaler Stadtteilen Barmen und Elberfeld) , so daß südwestlich die Wupper und nordöstlich Ruhr und Lenne die Freigrafschaft einschließen. Ohne Zweifel sind diese Grenzen erheblich älter als die von ihnen überlieferte Beschreibung. Das zeigen auch die urkundlichen Nachrichten, besonders seit dem 14. Jahrhundert. In der Tat fragt man vergeblich nach dem Sinn dieser eigenartigen und gewiß alten Grenzen, wenn sie nicht Grenzen einer Grafschaft gewesen sind. Die einzige Einwendung wäre die, daß das Gebiet dieser Grafschaft nicht groß gewesen ist. Aber das scheint ja im allgemeinen nicht anders gewesen zu sein. Daher werden sich nicht selten die Grenzen der Grafschaften in den späteren Freigrafschaften erhalten zu haben.
[1] Quelle: Wikipedia – Die freie Enzyklopädie
[2] Quelle: „Die Veme“ von Theodor Lindner, Münster und Paderborn 1888